Ruanda - das Land der tausend Hügel

 

Spätestens seit dem Zwischenseminar war für uns klar, dass wir nach Ruanda reisen möchten.

Denn beim Zwischenseminar haben wir unter anderem auch den Genozid an den Tutsi 1994 in Ruanda behandelt.

Leider haben wir diesen Genozid in der Schule nie behandelt, was ich sehr schade finde...

Ich verzichte hier trotzdem darauf, diesen Genozid genau zu erklären. Denn dazu sehe ich mich einfach nicht in der Lage. Ganz einfach aus dem Grund, dass man diesem geschichtlichen Ereignis nicht gerecht würde, wenn man es in ein paar Sätzen „zusammenfasst“. Für dieses Ereignis benötigt man, wie es Geschichte eben auf sich hat, jedenfalls etwas Vorwissen über die Vorgeschichte von Ruanda. Wie sich überhaupt erst HUTU und TUTSI von Ständen zu "Rassen" entwickelt haben. Und was es schon alles für Streitigkeiten gab, wie die Welt kurz vor, während und nach dem Genozid gehandelt, oder besser gesagt, nicht gehandelt hat, usw.

Zum Genozid in Ruanda kann man sich auf dem Blog eines  Freiwilligen, der etwas außerhalb Bukobas arbeitet, gut informieren.

Denn da hat unsere Betreuer aus Bukoba einen dreiteiligen Gasteintrag über den Genozid geschrieben (Blogeintrag 7. April).

Hier der Link dazu: www.oneyearintanzania.wordpress.com

Er war es auch, der uns beim Zwischenseminar darüber informiert hat.

Außerdem stellt der Film „shooting dogs“ den Genozid sehr realitätsnah dar.

Das nur als Information zu meinem jetzigen Blogeintrag. Mein folgender Blogeintrag soll nicht über den Genozid in Ruanda informieren, aufklären oder irgendetwas bewerten.

Es ist, wie immer, nur ein kleiner Bericht was ich PERSÖNLICH erlebt habe :)


Durch Zufall kamen wir im Gespräch mit Elia auf den Genozid in Ruanda. Dadurch haben wir erst erfahren, dass seine Familie eigentlich aus Ruanda kommt. Auch viele seiner Familienmitglieder sind während des Genozids umgebracht worden. Trotzdem leben heute viele seiner Verwandten wieder in Ruanda. Deshalb hatten wir beschlossen, diese vom 21. bis 27. Juni zu besuchen.

Viele Menschen in Bukoba fragen Elia immer wieder, woher er denn eigentlich komme, da er nicht wie ein Tansanier aussehe. Wir konnten das anfangs nicht verstehen, da wir keinen bemerkenswerten Unterschied wahrnahmen. Nachdem wir jedoch über die Grenze gefahren sind, wurde uns der Unterschied klar. Plötzlich liefen lauter Elias um uns herum. Niemals hätte ich gedacht, dass man da so einen Unterschied erkennen würde...

Wie auch schon in Sambia konnte ich meinen Augen kaum trauen, als ich die perfekt geteerten Straßen (mit eingebauten LED Lampen), die Ampeln (welche bis grün herunterzählen), die Häuser und die Sauberkeit gesehen habe. Außerdem sind in Ruanda Plastiktüten verboten, was in Tansania unvorstellbar wäre.

Unser erstes Ziel war die Hauptstadt Ruandas, Kigali. Dort sind wir bei einem Onkel Elias, welcher Bischof ist, untergekommen und wurden dazu auch noch mit leckerem Essen verwöhnt.

Am nächsten Tag ging es in das Memorial Museum des Genozids. Gleich zu Anfang möchte ich sagen, dass dieses Museum wirklich sehr schön aufgebaut ist und unglaublich viele Informationen für den Besucher anbietet. Der Genozid ist sehr anschaulich in einem Art Rundgang dargestellt: Mit einem historischen Überblick, dem Tathergang an sich, Reaktion der Welt, Helden, Wiederaufbau, Bilder von Verstorbenen und Räume mit Schädeln und Knochen. Für diesen Rundgang haben wir ungefähr vier Stunden gebraucht. Der letzte Raum gibt einem, oder mir jedenfalls, den Rest – der Kinderraum. Dort hängen an jeder Wand Kinderfotos und zu jedem Kind gibt es einen Steckbrief: Name, Alter, Geschwister, Lieblingsessen, bester Freund, Todesursache und letzte Worte. Das hat mir so gefallen an diesem Museum: Es war gar nicht auf dramatisch gemacht mit möglichst vielen Bildern von zerstückelten Menschen oder totgeschlagenen Kindern. Denn das mit den Steckbriefen war noch um vieles eindrucksvoller, da es die Normalität des Lebens der Kinder wiederspiegelt, der auf grausame Weise ein Ende gesetzt wurde (an die Wand geschlagen, Messerstiche in die Augen, Miterleben wie Eltern umgebracht werden, zerstückelt,....).

Der Grausamkeit war kein Ende gesetzt.

Nach dem Museum waren wir alle etwas mitgenommen, weshalb wir beschlossen hatten, erst einmal eine Essenspause zu machen.

Denn danach ging es nach etwas außerhalb von Kigali zu einer Kirche.

Dort hatten sich 5000 Tutsi versteckt, in dem Glauben, dass die Hutu in einer Kirche nicht morden würden. Leider war dies nicht der Fall. Die Hutu haben Granaten in die Kirche geworfen, sodass die Menschen erschlagen, verbrannt und dann später zerstückelt wurden. Neben der Kirche gibt es ein Gebäude, das für die Sonntagsschule verwendet wurde. Dort kann man noch heute an einer Wandseite einen großen dunklen Fleck sehen. Dort wurden die Kinder so lange gegen die Wand geschleudert, bis sie gestorben sind. Auch hier waren die Totenköpfe aufgereiht und in großen Säcken waren weitere Knochen aufbewahrt. Die Knochen werden zurzeit sortiert, identifiziert und letztendlich begraben.

Bei diesem Memorial war Elia sichtlich getroffen, da seine Familie sehr religiös ist und es auch viele Pastoren oder sogar Bischöfe in seiner Familie gibt.

Was ihn am meisten verwirrt hat, war der Umstand, dass es während des Genozids Pastoren gab, die den Hutu geholfen haben. Als er das erfahren hat, wollte er sich bei uns immer wieder versichern, dass es doch bestimmt auch Pastoren gab, die den Tutsi geholfen haben.

Wir konnten nur antworten, dass wir es hoffen – es aber nicht wissen.

Ein Mann aus Elias Familie war zum Beispiel sehr mutig. Er selbst war Hutu, seine Frau jedoch Tutsi. Somit hätte er seine Frau umbringen müssen, ansonsten wäre auch er umgebracht worden. Er hat seine Frau aber nicht aufgegebn und ein Loch in seinem Garten gegraben. Dort hat sich seine Frau hineingesetzt. Danach wurde wieder Erde auf sie draugeschaufelt. Atmen war für sie nur durch ein dünnes Röhrchen möglich, das von oben gesehen einem Grashalm ähnelte. So hat diese Frau den Genozid überlebt. Und wir hatten die Ehre, diese (heute hundertjährige) Frau besuchen zu dürfen (Schwester der Oma von Elia).

Deshalb ging es für uns von Kigali nach Butare. Etwas außerhalb von Butare waren wir am Haus dieser alten Dame angekommen. Sie saß vollkommen unbeweglich in eine Wolldecke eingehüllt und ihre grauen Haare mit einer Wollmütze bedeckt in ihrem Hauseingang. Ihr Gesicht wirkte alt und sehr streng. Als wir jedoch näher kamen und Elia angekündigt wurde, zerschmolz ihr Gesicht zu Wärme und Freundlichkeit. Als sie trotz ihrer schlechten Augen auch noch erkannte, dass sie ein paar Weißgesichter vor sich hatte, war sie ganz aus dem Häuschen. Während sie sich mit Elia und ein paar ihrer Verwandten unterhielt, erweckte sie nicht den Anschein als hätte sie schon hundert Lebensjahre hinter sich. Denn sie sprach schnell und brachte die Menschen um sich herum immer wieder zum Lachen. Wir verstanden sie zwar nicht, aber auch ich musste automatisch immer schmunzeln. Im Nachhinein hat uns Elia eine ihrer Geschichten übersetzt: Sie hatte erzählt, dass sie wegen einem bestimmten Grund aus dem Dorf raus in die Stadt musste. Als sie jedoch in der Stadt war und mit einem der Linienbusse gefahren ist, meinte sie nur, dass sie sofort wieder zurück in ihr Dorf möchte, denn hier in der Stadt würden die Bäume alle rennen...

Bei dieser Oma sind meine Lieblingsbilder der Ruandareise entstanden. Auch Elia war überglücklich, seine Oma gesehen zu haben und er plant schon die nächste Ruandareise für dieses Jahr. Ich war auf jeden Fall einfach richtig glücklich, diese Frau getroffen zu haben, die so viel Würde und Freundlichkeit ausgestrahlt hat...


Danach ging es nach Kibuye, einem Ort direkt am Lake Kivu. Dort sind wir in einem tollen Hotel mit wunderschöner Aussicht auf den See untergekommen. Allgemein ist die Landschaft in Ruanda sehr schön, durch die unzähligen Hügel und dem vielen Grün.

In Kibuye haben wir die Stadt und eine Kirche besichtigt und sind im See baden gegangen.

Am Ende unserer Reise ging es wieder zurück nach Kigali, wo Lisa und ich mit Elia einen Gottesdienst besucht haben. Dieser war viel krasser als in Bukoba und den finde ich ja schon sehr intensiv im Vergleich zu Deutschland. Es wurde unglaublich viel gesungen, seeeeehr viel geweint und „ausgerastet“. Allgemein war es sehr laut und für meinen Geschmack alles zu extrem. Auffällig war noch, dass die Besucher des Gottesdienstes noch jünger waren als in Bukoba.

Nachdem wir abends das Fußballspiel (mit weiter Aussicht auf das nächtliche Kigali) angeschaut haben, ging es am nächsten Tag (mit mehreren Fahrzeugwechseln) über die Grenze zurück nach Hause.

Zurzeit planen wir weiterhin unsere Kleinprojekte, denn unsere Abreise rückt immer näher. Für den Sporttag bei Tumaini Ende Juli haben wir beispielsweise schon den Spielplan fertiggestellt. Da Fabi diese Woche seine Reise in Richtung Sansibar startet, um dort seine Freundin zu treffen.

Nächste Woche ist dann auch wieder Schule bei Tumaini angesagt...


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